Als das Trommeln in einer 2. Volksschulklasse eingeführt wurde, stellte sich die Ausgangsituation wie folgt dar. Die Klassengröße belief sich auf 15 Kinder, 5 Kinder wuchsen in einem sozial unstabilen Umfeld auf, ein Kind litt unter dem Tod seines tödlich verunglücktem Vaters, …… Trotzt großer Bemühungen war es den Kindern nicht möglich, sich gegenseitig im Sitzkreis zuzuhören. Das aufeinander Hören und Rücksicht aufeinanden
nehmen waren große Themen, die die Klassenlehrerin bis dahin vergebens versucht hatte zu lösen.
Die Rhythmik in Form von Trommelrhythmen wurde eingeführt. Die Kinder bekamen während des Unterrichts immer wieder kleine Rhythmuseinheiten, die auf den Schulbänken, auf Plastikschüsseln und einigen kleinen Trommeln ausgeführt wurden. Zusätzlich wurde das Trommeln als Freifach am Nachmittag angeboten. Es dauerte nicht lange und der Trommelunterricht war vollbesetzt. Schritt für Schritt konnten die Kinder rhythmisiert werden. Sie lernten unterschiedliche Trommelrhythmen zu spielen und diese in zwei bis drei Gruppen zusammen zu spielen. So entstand ein Trommelensemble, an dem die Kinder viel Freude hatten. Beim Trommeln wird stets die gemeinsame Energie hörbar, die Kinder erleben sich dabei immer wieder als eine Einheit.
Das Lernen der Rhythmen erfolgt auf ungewohnte Weise, was eine Neuorientierung zur Folge hat. Die Form des Kreises, in der getrommelt wird, begüngstigt die Neuorientierung, zumal jeder Platz im Kreis einen gleichberechtigten Blickwinkel / Standpunkt bietet. Dominante Kinder müssen sich ebenso neuorientieren wie zurückhaltende Kinder. Immer wieder konnte beobachtet werden, dass gerade zurückhaltende Kinder sich plötzlich besser behaupten konnten, als so manches dominante Kind. Im Rhythmus erleben die Kinder Verlässlichkeit, da sie ihre Trommelschläge in Bezug zu anderen setzen. Sie erfahren die Wichtigkeit einfacher Rhythmen, die von rhythmisch schwächeren Kindern gespielt werden und erleben, dass im Rhythmus jeder von jedem abhängig ist. Nur wenn es gelingt, dass alle gemeinsam exakt im Rhythmus sind, kann der Rhythmus seine unwiderstehliche Kraft entwickeln.
Bereits nach einigen Monaten hatte sich die Situation in der Klasse derart geändert, dass sich die Kinder ohne Mühe im Sitzkreis zuhören konnten. Auch eine starke Abnahme der Agressionen hatte das Trommeln zur Folge. Die neuen, friedlichen Verhaltensweisen wurden sogar von Lehrpersonen anderer Klassen im Zuge der großen Pause immer wieder staunend bemerkt.
In musizierenden Grundschulklassen gibt es weniger häufig ausgegrenzte SchülerInnen. Im Ablehnungsbereich ist der Anteil der Kinder, die keine einzige Ablehnung erhalten, in musizierenden
Grundschulklassen doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe.
Quellennachweis: Dr. phil. Boris Becker, Wirkung und Wahrnehmung von Trommeln S. 191, Lit- Verlag Münster 2002